Ernährung 2015

Die 14. Dreiländertagung der AKE, DGEM und GESKES bot vom 28. - 30. Mai 2015 im Bregenzer Festspielhaus über 800 Teilnehmern ein breites und wissenschaftlich hochwertiges Programm. In mehr als 140 Vorträgen, Symposien und Expertentreffs wurde dem Motto "Ernährung - Quelle des Lebens" in jeder Hinsicht Rechnung getragen. Ernährungsspezialisten und in Gesundheitsberufen Aktive, die ihre Aufgabe in der Vorbeugung und Behandlung von Mangelernährung und der Vermeidung von ernährungsbezogenen Erkrankungen haben, waren sich grundsätzlich einig: Ob für Kranke oder Gesunde - "Besser Essen" ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft, um "besseres Leben" zu ermöglichen.

Wichtig und brisant war die Session zum Thema "Hot Topic: Ernährung in der Gesundheitspolitik". Vorstandsmitglieder der drei veranstaltenden Gesellschaften AKE, DGEM und GESKES stellten die Bedeutung der Ernährung für kranke und alte Menschen und für das Gesundheitswesen sowie die nationalen Schwerpunkte und Aktionen der D-A-CH-Regionen vor, wie z. B. die Deutsche Initiative "Optimale Ernährungstherapie für Alle!" - präsentiert von Prof. Johann Ockenga (Klinikum Bremen-Mitte). Ernährungspolitik hat im Sinne der Gesundheitsziele bei Kranken und Pflegebedürftigen andere Prioritäten als bei Gesunden, so Prof. Michael Hiesmayr (Medizinische Universität Wien und Mitglieder der Österreichischen Nationalen Ernährungskommission). Hauptziel sei die Früherkennung und Vermeidung von Ernährungsdefiziten. Prof. Peter Ballmer (Kantonsspital Winterthur) zeigte sehr eindrucksvoll, wie sie es in der Schweiz geschafft haben, die Verschreibung von oralen Ernährungssupplementen wieder als Standard einzuführen. Dadurch konnten die Kosten für teure Ernährungssonden in der Homecare-Versorgung und ebenso Krankenhauskosten reduziert werden. Darüber hinaus verminderten sich die durch Mangelernährung indirekt verursachten Kosten und die Prävalenz der Mangelernährung in der Schweiz allgemein.

Weitere Themengebiete beschäftigten sich mit der Ernährung sowohl im akut-/intensivmedizinischen Bereich als auch auf der Normalstation. Neben Schluckstörungen (Dysphagie) bei Intensivpatienten waren auch neurogen-bedingte Schluckstörungen Diskussionsthema. Etwa sieben Prozent der Bevölkerung (= 600.582 Österreicher) sind von einer Schluckstörung betroffen, welche meist durch eine Grunderkrankung, wie Erkrankung des Gehirns oder durch Veränderungen der Speiseröhrenwand, bedingt ist. Bei Intensivpatienten sind sogar bis zu 50 % betroffen, so Dr. Helmut Hager (Medizinische Universität Wien).

Die Vortragssäle waren bei den drei Sitzungen zum Thema "Onkologie und Ernährung", eine der großen Herausforderungen für die Zukunft, überfüllt. In den letzten Jahren verdichten sich immer mehr die Hinweise auf den hohen Stellenwert des Allgemeinzustandes, sicher damit auch der Lebensqualität, auf den Erfolg einer Therapie bei Krebserkrankungen. So zeigen Auswertungen eindeutig, dass fehlende sportliche Betätigung und Gewichtsverlust (damit auch Ernährung) einen negativen Einfluss auf die Prognose haben. Ob eine Kohlenhydratreduktion das Tumorwachstum hemmt, stellte Dr. Rainer J. Klement (Leopoldina-Krankenhaus der Stadt Schweinfurt) dar. Im Tiermodell sei dieser Zusammenhang sogar als Monotherapie gegeben, beim Menschen gäbe es jedoch noch zu wenige Daten. Wahrscheinlicher sei eine Therapieverstärkung durch Kohlenhydratreduktion bei Kombination mit anderen Therapien und eine positive Beeinflussung des Tumorstoffwechsels. Dr. Ralph Simanek (Hanuschkrankenhaus in Wien) ging auf die Wirkung der Cannabinoide in der Krebstherapie ein, die zwar appetitsteigernd sind, jedoch noch keinen klaren Hinweis auf Gewichtszunahme bzw. erhöhte Kalorienzufuhr geben. Die drei Behandlungskonzepte einer organspezifischen Mangelernährung bei Tumorerkrankungen nannte Dr. Jann Arends (Klinikf für Tumorbiologie in Freiburg): Nahrung, Bewegung und antiinflammatorische Therapien.

Allgemeine Themen der Ernährung, wie "Ernährung im Alter", "Alles Käse" und "Ernährungsberatung zwischen Widerstand und Kooperation" kamen ebenfalls nicht zu kurz. In der Session zum Thema "Hydrierung: Ist viel Trinken wirklich besser?" betonte Prof. Wilfred Druml (Medizinische Universität Wien), dass die umstrittendste unter den unzähligen Ernährungsmythen wohl die tägliche Trinkmenge sei. Trinken ist gesund, mehr zu trinken ist zwar mit Vorteilen, wie verbesserter Entgiftung und Nierenfunktion, Steigerung der Leistungsfähigkeit und Konzentration u. v. a. verbunden. Aber hat eine Flüssigkeitszufuhr ÜBER das natürliche Durstempfinden bzw. der mit den Mahlzeiten verbundenen Zufuhr hinaus, noch positive Effekte? In seinem Vortrag zog Druml das Fazit, dass der Mensch in seiner Entwicklungsgeschichte an die intermittierende Flussigkeitsverfügbarkeit adaptiert sei und selbst mit vorübergehendem Flüssigkeitsmangel bestens umgehen kann. Wir müssen also nicht erst "Trinken lernen", sondern machen es von selbst ganz richtig.

Die Ernährungsforschung spielte ebenfalls eine große Rolle. Über 60 Abstracts-Einreichende präsentierten ihre aktuellen Arbeiten in spannenden Kurzvorträgen und Postern. Wissenschaft, die zu Erfolg führt: Über je 500 Euro konnten sich die Gewinner der drei Abstract-Preise freuen:

  • Antje Meyer, MSc (Charité in Berlin) für ihre Arbeit zum Thema "Assoziation zwischen Telomerlänge und Muskelmasse in der Berliner Altersstudie II (BASE-II)"
  • Carla Aeberhard (Inselspital Bern) für ihren Abstract "Improving Nutritional Risk Management at a tertiary Swiss Hospital Center of General Internal Medicine: A pre-post intervention study"
  • Mag. Susanne Dirisamer (SIPCAN, Salzburg) für ihre Studie "Einfluss einer warmen Vormittagsverpflegung auf die Konzentration, Leistungsfähigkeit und Reduktion von Heißhunger am Arbeitsplatz"

Darüber hinaus wurden der Förderpreis des Instituts Danone an Dr. Maryan Pourhassan (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) sowie der Nutricia Förderpreis für medizinische Ernährungsforschung 2015 an Dr. Danike Krupp (Bonn) verliehen.

Schließlich haben 35 Teilnehmer ESPEN LLL-Zertifikate durch die erfolgreiche Absolvierung der Kurse "Körperzusammensetzung uns Screening" bzw. "Ernährung bei Pankreas und Lebererkrankungen" erlangt.

Neben dem wissenschaftlichen Programm erwarteten die Teilnehmer eine Ausstellung mit zahlreichen Unternehmen, Institutionen und Organisationen aus der Lebensmittel-, Pharma- und Medizintechnik-Branche sowie ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm. Beim Get-Together in der Industrieausstellung spielten bei deftigem lokal typischen Essen die "Bauernfänger" auf und luden zum Tanz ein. Das Highlight war der Festabend mit einer Schifffahrt auf der MS Vorarlberg am Bodensee. Nachdem das Wetter perfekt, das Schiff mit 330 Teilnehmern besetzt und alle, angesichts zweier erfolgreicher Kongresstage, guter Stimmung waren, war das Ambiente während der Fahrt in den Sonnenuntergang beinahe kitschig. Die Region zeigte sich von ihrer besten Seite, was den Kongresspräsidenten Prof. Michael Hiesmayr und die Organisatoren Prof. Alexander de Vries, Dr. Patrick Clemens und Mag. Elisabeth Mayer besonders freute.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Teilnehmern, Referenten, 3-Länder-DJ´s und allen Mitwirkenden für ihren Beitrag zum Gelingen dieser Dreiländertagung.

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